Wer berufsmäßig wie Personaler tagtäglich Anschreiben liest, müsste Bewerber für Plagiatoren halten. Dies gilt im Besonderen für den Einstieg. Floskeln wie „mit großem Interesse“ oder „hiermit bewerbe ich mich“ folgt meist nüchtern das Bewerbungsanliegen („möchte ich mich beruflich weiterentwickeln“), dem wiederum eine Zusammenfassung des Lebenslaufs folgt. Sie haben derartige Wiederholung bestimmt schon selbst in Ihrer Bewerbung verwendet. Aber inflationärer Wortgebrauch und Langeweile müssen nicht zwingend Bestandteil Ihres nächsten Anschreibens sein.
Wie andere offizielle Dokumente folgt das Anschreiben einem strengen Aufbau. Ganz klassisch können Sie sich auf den Stellentitel und die Jobbörse beziehen. Das ist die sicherste und zugleich unspektakulärste Variante. Wenn Sie hingegen etwas mehr in der Einleitung wagen und Aufgüssen gängiger Floskeln in Bewerbungen den Kampf ansagen möchten, dann sollten Sie jetzt weiterlesen.
Informieren, unterhalten, appellieren
Was möchten Sie im ersten Satz oder in den ersten Sätzen Ihres Anschreibens bewirken? Da wären zum einen der (1) Informationsgehalt. Sie schildern Ihr Anliegen und Ihre aktuelle Situation. Aber auch der (2) Unterhaltungswert sollte nicht unterschätzt werden: Überraschen Sie den Personaler oder wecken Sie wenigstens seine Neugierde. Zuletzt richten Sie einen direkten (3) Appell an den Personaler, nämlich dass er Sie persönlich anhören soll.
Vergessen Sie hochtrabende Nominalisierungen oder Passiv-Konstruktionen mit „man“ oder „es“. Leiten Sie in kurzen, knackigen Sätzen Ihre Bewerbung ein. Dabei dürfen Sie ruhig mutig sein: Nehmen Sie bereits im ersten Satz Bezug auf eine Kernvoraussetzung der Stelle. Präsentieren Sie sich als der ideale Kandidat, der diese Voraussetzung mit Leichtigkeit meistern kann.
Das Anschreiben mutig einleiten
Selbst kurze Anekdoten – sofern diese nicht thematisch entgleisen – können Ihr Anschreiben wirkungsvoll anteasern. Ein ungewöhnlicher Kniff ist es auch, kurz auf die sprachliche Metaebene zu wechseln. „Sie haben sicherlich schon zahlreiche Bewerbungen gelesen, die im immer selben Muster geschrieben sind. Ich weiche von diesem Schema heute ab.“
Freche Einstiege oder Anekdoten sind nicht Ihr Ding? Dann sollten Sie wenigstens, ganz gefahrlos, an Bekanntes anknüpfen oder Gemeinsamkeiten herausstellen.
„Ich habe mich sehr gefreut, mit Ihrer Mitarbeiterin Frau Musterfrau auf der zurückliegenden Industriemesse über Ihre neuen Fertigungsanlagen sprechen zu dürfen. Mit mehrjähriger Berufserfahrung in diesem Bereich […].“
„Neulich bin ich auf dem Weg in die Stadt auf die Außenwerbung Ihrer Handelsmarke aufmerksam geworden […].“
„Kürzlich führte ich ein Telefonat mit einem Ihrer Mitarbeiter im IT-Support. Als gelernter Informatiker mit mehrjähriger Vertriebserfahrung war ich überrascht wie zuvorkommend und effizient mir geholfen werden konnte. Ich könnte mir vorstellen […].“
Rhetorik – das Doping für Ihre Einleitung
Wenn Sie sich für eine Stelle „nicht geeignet halten, sondern als der ideale Kandidat“ empfinden, dann haben Sie den Überraschungseffekt auf Ihrer Seite. Nutzen Sie in Ihrer Bewerbung starke Adjektive, greifen Sie eine Kernaufgabe aus der Stellenbeschreibung heraus oder steigen Sie mit einer Frage ein. Sofern der Rest Ihres Anschreibens überzeugt, darf der Einstieg ruhig von der Norm abweichen.
Die Einleitung erfolgt dabei immer im ersten Absatz, direkt nach der persönlichen Anrede des Personalers. Die Kürze ist entscheidend. Sie sollten nicht mehr als zwei oder drei Sätze benötigen, um den Hauptteil einzuleiten.
Behalten Sie jedoch auch Ihr Anliegen im Auge. Ob ein Einleitungssatz für eine Ausbildungsbewerbung oder für eine Festanstellung: Ein Verweis auf den Ort der Stellenanzeige („wie bei Jobware gesehen“), auf ein vorausgehendes Telefonat oder den aktuellen Karrierestand (Studium oder Beruf) helfen dem Personaler Ihre Bewerbung schneller einzuordnen. Und mit kleinen Überraschungseffekten hebt sich Ihr Anschreiben ganz sicher von den vielen anderen ab.